Früher lag Sprockhövel am Meer. Die versteinerten Zeugnisse hierfür sind Rippelmarken, eine Art fossiler Abdruck des damaligen Meeresbodens.
Wer schonmal bei Ebbe über einen Sandstrand gegangen ist, hat auch schonmal ein Rippelmuster gesehen. Das ablaufende Wasser bewegt an der Grenzschicht zum Sandboden einzelne Sandkörner meerwärts. An flachen Stellen ist die Fließgeschwindigkeit dabei so gering, daß kein nennenswerter Materialtransport stattfindet. Die einzelnen Körner werden ein Stück weit bewegt, verfangen sich dann aber wieder an anderen, liegenden Partikeln. Dabei entsteht eine Struktur mit Erhebungen und Senken. Die Partikel an einer Erhebung werden mit größerer Wahrscheinlichkeit aus dem Verbund gelöst und weiterbewegt, als die, die gerade in einer Senke liegen. Das Bernoulli-Prinzip ist auch an solchen Oberflächen wirksam. Über einer Erhebung im Sand verringert sich der Druck, das Wasser fließt schneller. Durch die höhere Bewegungsenergie kann es leichter Sandpartikel aus dem Oberflächenverbund mitreissen, gibt dabei aber einen Teil seiner kinetischen Energie an diese Partikel ab. Über einer Senke verlangsamt sich das Wasser, der Druck steigt. Die bewegten Partikel verlieren ihre Bewegungsenergie schon nach kurzer Strecke, zumal sie der Schwerkraft unterliegen und gleich hinter dem Scheitel einer Erhebung in die nachfolgende Senke geraten, wo die Reibung an der Sandoberfläche sie weiter verlangsamt, bis sie sich wieder im Oberflächenverbund verfangen.
Auf unbefestigten Straßen bilden sich nach ähnlichem Prinzip die sogenannten Waschbrettpisten aus hintereinander folgenden Schlaglöchern.
Rippelmarken im geologischen Sinn sind Rippelmuster, auf deren Oberfläche sich anderes Material abgelagert hat, die unter dem andauernden Druck versteinert sind. Ein Fund solcher fossilen Rippelmarken wie im Steinbruch Weuste im Sprockhöveler Ortsteil Haßlinghausen ist ein eindeutiger Nachweis, daß sich am Fundort einst eine Küstenlinie befunden hat. In Sprockhövel wird dies vor ungefähr 300 Mill. Jahren der Fall gewesen sein. Die Rippelschicht liegt hier wie eine dünne Kruste auf einer mächtigen Sandsteinunterlage. Der Raum Sprockhövel-Gennebreck gehört erdgeschichtlich zum Grenzgebiet zwischen Devon und Karbon. An diesem Übergang treten die ältesten Steinkohlenschichten des Ruhrreviers zu tage.
Die Sprockhöveler Rippelmarken wurden 1951 durch den Herzkamper Ortsheimatpfleger Erich Schultze-Gebhardt entdeckt und 1980 in [1] ausführlich beschrieben. Seit der Entdeckung wirbt er für den Erhalt dieses Naturdenkmals, das an den sichtbaren Stellen durch Verwitterung bedroht ist. Bewuchs in Ritzen und Spalten, droht Teile der Schicht abzusprengen, gleiches gilt für von oben eindringendes Wasser, das sich bei Frost und Erwärmung ausdehnt.
Zum Schutz der am Originalstandort erhaltenen Rippelmarken wurden im Sommer 2004 im Auftrag des Ennepe-Ruhr-Kreises Maßnahmen ergriffen. An der Oberkante der fast senkrechten Wand mit den Marken wurde ein Betonrand angebracht, der das Eindringen von Wasser vermeiden soll und der Bewuchs wurde entfernt. Um Neubewuchs zu vermeiden, müßten die Spalten in der Wand dauerhaft versiegelt werden. Zum Schutz vor Erosion durch herablaufendes Wasser wäre ein weiter vorstehendes Schutzdach an der Oberkante erforderlich. Neben Erich Schultze-Gebhardt engagiert sich zur Zeit die Sprockhöveler Agenda 21-Gruppe für den Erhalt. In einem Zeitungsartikel [2] zu diesen Schutzmaßnahmen wird auch darauf hingewiesen, daß Erich Schultze-Gebhardt Führungen zu den Marken im Steinbruch Weuste anbietet. Dort steht auch seine Telefonnummer. Teile der Rippelmarken sind in der Eingangshalle der Grundschule Herzkamp und im Gebäude der Wuppertaler Gesamtschule Süd angebracht, ein weiteres Stück befindet sich im Fundus der geologischen Abteilung der Ruhr-Universität Bochum.
[1] Schultze-Gebhardt, Erich; Besiedlung und Industrie zwischen Ruhr und Wupper ? Ein Beitrag zur Kulturgeographie des Niederbergisch-Märkischen Hügellandes im Raum der Stadt Sprockhövel; Selbstverlag des Heimat- und Geschichtsvereins Sprockhövel e.V.; Sprockhövel 1980
[2] Hiege, Günther; Ein Schutzsaum für die Rippelmarken; General-Anzeiger Westdeutsche Zeitung Wuppertal, Ausgabe Sprockhövel; 2. August 2004
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